#3
Brian an sich hatte nicht den Hauch einer Ahnung, auf wen er treffen würde. Also, es war zwar nicht ganz richtig, denn er kannte die junge Lady von Bildern aus ihren Portemonnaie. War ja nicht verwerflich, dort einen Blick rein zu werfen. Besonders nicht wenn man das gute Stück einfach nach der Arbeit zurückbringen wollte. Ohne Adresse war das einfach schier unmöglich. Klar, Brain hätte den Geldbeutel ganz sicher auch bei der nächsten Polizeistation abgeben können aber dann hätte es sicher länger gedauert. Mal ehrlich, wo lag die Priorität der Polizei? Bei Straftätern und ähnlichen verbrechen oder dabei, einen vermißten Geldbeutel zurück zu bringen? Richtig, letzteres konnte ohne Probleme auch mal eine Weile unter den Tisch fallen wenn bei den Cops überall sonst der Schuh drückte. Zumal es noch bedeuten würde, das Brian im schlimmsten Fall noch erklären mußte, wie er an den Geldbeutel gekommen war. Klar, er könnte lügen aber dennoch. Es würde mit Pech eine lästige Fragerei bedeuten und dann hätte er von der Zeit her auch nichts gewonnen. Sie wie es jetzt war, war das schon in Ordnung.

Man könnte jetzt schon fragen, wie voll der Terminkalender eines 40jährigen Singles schon sein konnte. Dummerweise war der von Brain jetzt gar nicht so leer, wie manche sich das wohl vorstellen konnten. Er gehörte jetzt nicht zu den Leuten, panisch vor Toresschluß eine Partnerin suchten und von daher hatte er sich sein Leben so eingerichtet, wie er es gut fand. Er war ja nicht Tod, dem Tod war er schon vor langer Zeit mit einem kleinen Verlust von der Schippe gesprungen. Und ehrlich? Auch wenn er Federn gelassen hatte, Brian lebte noch und solange er lebte, hatte er jede Chance der Welt und konnte alles tun, was er mochte, was ihm gut tat und womit er sich gut fühlte. So hatte er den Sport wieder für sich entdeckt auch wenn er Football gegen Basketball getauscht hatte, aber es machte ihm Spaß mit seinen Freunden ein paar Körbe zu werfen. Ebenso nahm ihn sein Job in der Suchtbetreuung auch einen großen Stellenwert in seinem Leben ein. Seitdem er ebenfalls Menschen betreute und ihr Ansprechpartner bei Problem war, na, da schrumpfte die Freizeit auch ein wenig zusammen. Auch wenn sein Job eher ehrenamtlich war. Es war einfach so - er half gerne aus und versuchte ein wenig von dem Glück und der Hilfe, die er erhalten hatte, einfach zurückzugeben. Das brachte ihm mehr als wenn er jeden Abend von Bar zu Bar tingelte in der Hoffnung, jemand zu finden und danach sonst wie abzustürzen. Brian mochte in seinem Privatleben einfach eine gewisse Mischung aus Spaß und etwas Sinnvollem. Auch wenn seine Freunde öfters darüber schmunzelten und es immer und immer wieder drauf anlegten, ihn doch zu verkuppeln. Gott sei Dank nicht mehr so oft wie früher aber wenn jemand eine Chance witterte...dann konnte keiner von ihnen widerstehen.

So stand er in Gedanken verloren vor der Haustür und wartete bis sich etwas tat. So schnell ging es nun wirklich nicht. Was sollte er also mit dem Geldbeutel machen, wenn niemand da war? In den Briefkasten werfen? Wirklich wohl war ihm bei dem Gedanken nicht. Oder besser beim Nachbarn abgeben? Aber welcher Nachbar hier war vertrauenswürdig? Eigentlich wollte er nur sichergehen, daß Karten und Ausweise und all das wieder beim rechtmäßigen Besitzer landete. Da war er vielleicht doch ein wenig zu sehr Gentleman oder wohl eher eine ehrliche Haut. Niemand hatte es verdient, daß ihm übel mitgespielt wurde. Manche konnten nichts dafür, das erlebte er fast jeden Tag bei seinen Kids. Wie schnell die Jugendlichen abrutschen konnten wenn es dumm lief oder das eine das katastrophale andere traf, auch, darüber dachte man besser nicht nach. Man konnte nicht alle retten, das hatte Brian schon gelernt aber er versuchte es mit allen, die er erreichen konnte.

Ein "Hallo" und das Summen des Türöffners riß Brian dann aber auch wieder aus seinen Gedanken. Sie war also da - oder ihre Mitbewohnerin - oder nochmal jemand anderes aber es war zumindest die richtige Wohnung. Das war schon einmal die halbe Miete. Etwas angespannt betrat er den Flur und sah sich um. Wo war nun die richtige Apartmenttür? "Hallo?" rief er vorsichtig und sah sich suchend um. Irgendwo mußte sie sein. "Elaine?" Ihren Namen kannte er immerhin genauso wie diese gruseligen Paßbilder, die wohl jeder von sich hatte und manche könnten sich in der Tat in jeder Verbrecherkartei wiederfinden. Den Geldbeutel hatte er immer noch tapfer in der Hand und sich suchend umsehen zu welchem Apartment er mußte. Ganz sicher würde bald jemand irgendwo aus der Tür treten.
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